In Deutschland gibt es Trüffeln. Was bei vielen immer noch ungläubiges Staunen hervorruft, ist inzwischen längst kein Geheimnis mehr und eigentlich war es auch nie eines. Schon im Jahr 1891 konstatierte Rudolf Hesse in seiner bis heute durchaus noch aktuellen Abhandlung "Die Hypogaeen Deutschlands", dass Hypogäen im Allgemeinen und die Sommertrüffel als Speisetrüffel im Speziellen in Deutschland weit verbreitet sind. Dieses Wissen ist jedoch verloren gegangen, was zu einem nicht unerheblichen Teil auch auf ein Verbot der Trüffelsuche zurückzuführen ist. Dieses Verbot hat wohl ursprünglich historische Ursachen, die heutzutage keine Geltung mehr besitzen (dürfen). Dennoch wurde es bis in die heutige Zeit aufrecht erhalten. Trüffeln der Gattung Tuber sind in Deutschland geschützt. Alle anderen Hypogäen dürfen gesucht werden.

Dokumentierte Trüffelvorkommen in Deutschland
Abb.: Dokumentierte Trüffelvorkommen in Deutschland
Bei den eingezeichneten Markierungen handelt es sich um nachgewiesene Funde von Tuber aestivum/uncinatum (Sommer-/Burgundertrüffel). Würde man Tuber rufum, Tuber excavatum, Tuber brumale und auch Tuber borchii (nach Häufigkeit geordnet) hinzunehmen, würde die Karte aufgrund der Vielzahl der Fundstellen unübersichtlich werden. Selten sind in Deutschland nur einzelne Tuber-Arten (z.B. Tuber regianum, Tuber macrosporum etc.).
Die Karte ist aus einem privat initiierten Projekt heraus enstanden und basiert auf Funden einiger weniger Sucher. Seit 2015 wurde die Karte auch nicht mehr aktualisiert, da die Dokumentation bei der Vielzahl an Funden kaum zu bewältigen ist und auch nicht relevant erscheint. Tatsächlich dürfte es also noch weitaus mehr Gebiete, gerade auch im norddeutschen Raum, geben. In allen Bereichen Deutschlands, in denen Kalk im Boden ist (ca. 60% der BRD) sind Funde zu erwarten, sofern die Baumpartner dazu vorhanden sind.

 

Die Naturschutzproblematik in Deutschland

Verbreitung der Burgundertrüffel

Dass die Burgundertrüffel (Tuber uncinatum), eine der beliebtesten Speisetrüffeln, in Deutschland, Österreich, der Schweiz, ja selbst in Skandinavien und eigentlich in ganz Europa verbreitet ist, das ist inzwischen in weiten Kreisen der Gesellschaft bekannt.
Unter Mykologen gehen die Meinungen doch auseinander, von welcher Häufigkeit man ausgehen kann. Dass die Tuber-Arten immer noch in den Roten Listen auftauchen, das liegt daran, dass die Bestände über geeignete Habitate abgeschätzt werden, so dass hier die Gefährdung der Art über einen Rückgang der entsprechenden kalkhaltigen Waldbestände diagnostiziert wird. Konkretere Studien fehlen leider und aus Sicht eines Suchers mit Hund ist eine solche Gefährdung nicht nachvollziehbar, zumal die Tuber-Arten häufig auch in stark anthropogen geprägten Bereichen wie Parks und Gärten vorkommen. In Deutschland ist die Verbreitung aus meiner Sicht in etwa mit der der Nebelkappe (Clitocybe nebularis) im Spätherbst oder dem Breitblattrübling (Megacollybia platyphylla) zu vergleichen, mit dem Unterschied, dass Tuber aestivum/uncinatum keine Saison hat, sondern von Juni bis März Fruchtkörper bildet.
In meinen Augen gibt es nur sehr wenige oberirdisch fruktifizierende Großpilze, die sie an Häufigkeit übertrifft.

Diskussion um eine Freigabe

Dennoch steht die Art wie alle Vertreter ihrer Gattung (Tuber) in der Bundesartenschutzverordnung als besonders geschützte Art.

Bei der Frage, wie nun mit dieser Schieflage umgegangen werden soll, scheiden sich die Geister. Bedauernswerterweise polarisiert die Thematik Trüffel so sehr, dass eine vernünftige Diskussion kaum möglich erscheint.
Trüffel wird beinahe reflexartig gleichgesetzt mit Geld und Gier.
In meinen Augen ist es längst überfällig, dass eine deutlich entemotionalisierte Auseinandersetzung mit der Thematik in Gang gesetzt wird. Hierzu wäre es notwendig, dass sich nicht nur Einzelpersonen mit Einzelinteressen, sondern vielmehr die verantwortlichen Instanzen (Umweltministerium, Naturschutzverbände, Mykologische Gesellschaften etc.) um das Thema kümmern und Untersuchungen zu relevanten Fragen in Gang bringen.

Persönliche Situation

Nachdem ich mich nun seit 2012 intensivst damit beschäftige, bin ich zu einer gereiften Meinung gekommen, so dass ich die momentane Situation möglichst objektiv (das wird mir nicht immer gelingen) oder sagen wir nüchtern (auch das wird mir nicht gelingen) zu schildern versuche.

Zuallererst möchte ich meine eigentliche Passion ansprechen, nämlich die Hypogäen in ihrer Gesamtheit. Betrachtet man den Stand der Forschung an Hypogäen in Deutschland, so fällt auf, dass es eigentlich nur einen echten Experten (Gunnnar Hensel) gibt.
Aus welchem Grund wird dieser Zweig der Mykologie so vernachlässigt? Ich denke, es liegt daran, dass kaum jemand in der Lage ist Hypogäen zu finden. Deshalb wäre es nötig, dass jemand sein Wissen weitergibt an mykologisch interessierte Hundehalter. Das versuche ich und ich sehe mich dennoch in schöner Regelmäßigkeit Anfeindungen gerade aus der mykologischen Ecke konfrontiert. Ich habe nun innerhalb von zwei Jahren mit meinen Hunden gut 60 Hypogäen-Arten gefunden und so gut als möglich dokumentiert. Das ist wohl einzigartig in Deutschland.
Trotzdem wird mir von verschiedenen Seiten immer wieder der wissenschaftliche Ansatz abgesprochen und ich muss beinahe täglich mit Neid und Missgunst kämpfen. Woran liegt das? Die Suche nach Hypogäen ist eine Aktivität, die viel Gutes bewirkt. Menschen und Hunde betreiben gemeinsam ein sinnvolles Hobby, sie sind glücklich und genießen die Natur, lernen Neues und nicht wenige entwickeln urplötzlich ein mykologisches Interesse, Mikroskope werden angeschafft, Literatur gewälzt. Weshalb wird ständig von unbeteiligter Seite unterstellt, man beute die Natur aus, in den Augen würden Dollarzeichen blinken und man verdiene sich ein goldenes Näschen? Woher kommt ein solch negatives Menschenbild?

Interessenslagen

Der entscheidende Punkt der verworrenen Situation ist das Verbot einer Suche von Trüffeln der Gattung Tuber, also der Gattung, in der sich einige wenige essbare und damit potenziell handelbare Trüffeln befinden.
Seit ca. fünf Jahren bewegt sich in Deutschland etwas. Es werden Suchteams ausgebildet, es werden beimpfte Trüffelbäumchen verkauft und angepflanzt, zahlreiche Gruppierungen haben unterschiedliche Interessen und versuchen ihre Standpunkte durchzusetzen.

Die Trüffelkultivierer (Ich pauschalisiere jetzt, auch wenn mir bewusst ist, dass es auch andere Ansichten gibt), also die Bäumchenverkäufer, die Züchter und Plantagenbesitzer sind strikt gegen eine Freigabe der Trüffelsuche. Ich zitiere aus einem Radiobeitrag: "Die Wildsucher zerstören das System".
Aber warum wohl sind die Züchter gegen eine Freigabe der Wildsuche? Ich denke, das kann jeder selbst beantworten. Aber warum eigentlich? Im Falle einer Freigabe zum Eigengebrauch (was für mich der einzig sinnvolle Ansatz wäre) hätten sie immer noch die Möglichkeit ihre Zuchttrüffeln zu vermarkten.

Die Mykologen (zu denen die schärfsten Gegner einer Freigabe zu zählen sind) dagegen fürchten um ihren Wald und ihre Pilze. Inzwischen ist zwar auch in Mykologenkreisen bekannt, dass Tuber uncinatum nicht geschützt werden müsste. Dennoch beharren die meisten auf dem Verbot der Trüffelsuche. Die auch von mir nachvollziehbare Angst ist die, dass es Menschen geben könnte, die eine solche Freigabe zu einer kommerziellen Ausbeutung der natürlichen Ressourcen nutzen wollen. Hier werden immer wieder osteuropäische Banden bemüht, die in großem Stil Pilze sammeln. Niemand wird ein solches Verhalten gutheißen, auch ich finde das widerlich. Ein solches Handeln ist aber doch so oder so illegal und sollte geahndet werden. Natürlich gibt es diese schwarze Schafe, aber weshalb sollte man eine ganze Gruppe naturliebender Menschen, die mit Hund zum Eigengebrauch Trüffeln suchen möchten, kriminalisieren, nur weil es solche schwarzen Schafe gibt? Aus meinen Erfahrungen aus zahlreichen Kursen kann ich aber nun berichten, dass hier von Gier (meist) keine Spur ist. Die Teilnehmer haben dagegen eher glänzende Augen angesichts der Geheimnisse der Natur und sehen die Natur von da an "mit anderen Augen" (O-Ton).
Die andere Angst der Mykologen ist die, dass fortan zahlreiche Menschen mit Hund durch die Wälder pilgern und die Ruhe stören. Das ist meiner Meinung nach erstens übertrieben und zweitens ungerecht. Denn wer soll entscheiden, wer in den Wald darf und wer nicht? Mit der gleichen Argumentation dürften keine Pilzkurse mehr durchgeführt werden.

Die Trüffelhundebesitzer möchten eigentlich lediglich ihrem schönen kleinen Hobby nachgehen, ohne ein schlechtes Gewissen haben bzw. immer in die Schweiz fahren zu müssen. Sie tun nicht Schlechtes, denn wer ist der Geschädigte? Einige wollen für den Fall einer Freigabe sogar feierlich geloben, nach einer Trüffelmahlzeit ihr Geschäft nur noch im Wald zu verrichten.

Die Trüffelhundeausbilder haben im Prinzip nichts von einer Freigabe, denn dadurch würde nur Konkurrenz von den Hundeschulen erwachsen. Sie sind aber harmoniebedürftig und wollen endlich in Frieden leben können.

Verfassung in Bayern

Kann eine Gesellschaft funktionieren, in der Recht und Unrecht durch Interessensverbände ausgehandelt wird? Oder sollte man sich nicht eher daran orientieren, was objektiv richtig und was falsch ist?
Es gibt in Bayern (und den anderen Bundesländern wohl ähnlich) ein verfassungsmäßig garantiertes Recht (Art. 141 Abs.3 (1) Bayr. Verfassung), nämlich das Recht in allen Wäldern, auch in Privatwäldern, wildwachsende Waldfrüchte sammeln zu dürfen. Das ist ein hohes und unbedingt schützenswertes Gut.
Ist allerdings der Bestand einer Art gefährdet, besitzt der Schutz dieser Art natürlich einen höheren Wert. Auch das ist unbestritten.

Allerdings ist nun Tuber uncinatum nachweisbar nicht schutzbedürftig. Weshalb also wird noch das verfassungsmäßig garantierte Recht beschnitten? Hier geschieht Unrecht.

Gefährdung der Art

Natürlich müsste die Frage, ob Trüffeln durch eine Entnahme gefährdet werden können, von unparteiischer Seite wissenschaftlich untersucht werden.

Nachdem mit den Trüffeln lediglich die Fruchtkörper des eigentlichen Pilzes (also des Myzels) entnommen werden, wird leicht verständlich, dass man dem Pilz selber nicht schadet (vgl. Apfel/Apfelbaum), sofern dieser nicht extrem selten ist.

Da Hunde in der Regel Trüffelstücke fressen oder abkratzen, trägt man wohl sogar eher zur Verbreitung bei. Auch das Myzel anderer Pilze wird meines Erachtens nicht geschädigt. Diese haben sich doch im Laufe der Evolution lange angepasst an die Wühltätigkeiten von Wildtieren. Die wenigen Hunde sind da lediglich ein Randaspekt.
Ich sehe also wenig Grund, von einer Gefährdung auszugehen, dennoch MUSS das VOR einer Freigabe untersucht werden (Welche Fresser sind z.B. auf Trüffeln angewiesen, welche Bedeutung haben Trüffeln im System etc.)
Warum aber werden derartige Projekte und Untersuchungen nicht von behördlicher Seite initiiert?

Kommerzielle Nutzung

Auch ich bin mir nicht sicher, ob eine kontrollierte kommerzielle Nutzung eine gute Idee wäre und man müsste hier sehr vorsichtig sein, da es sehr schnell zu unangenehmen Begleiterscheinungen kommen könnte.
Dennoch sollte man zumindest darüber nachdenken.
Eine Nutzung von Trüffelfruchtkörpern wäre nämlich eine sehr nachhaltige Nutzung, die Interessen von Waldbesitzern (also auch dem Staat), Mykologen und Naturschützern vereinen könnte.
Jeden Naturfreund schmerzt es doch aus tiefster Seele, wenn er alljährlich teilweise durch die Staatsforsten groß angelegte Holzeinschläge beobachten muss, wo etwa die Hälfte aller Bäume herausgeschlagen wird und die Harvester eine Schneise der Verwüstung hinterlassen. DAS ist es doch, was Pilzen eigentlich schadet: das Töten des Mykorrhiza-Partners und eine Verdichtung des Bodens.

Wenn Waldbesitzer (wie z.B. die Staatsforsten) nun aber Trüffeln ernten und nutzen dürfen, werden sie dagegen ihren Wald schützen und die Bäume leben lassen. Dies wäre deutlich nachhaltiger als unsere derzeitig praktizierte Holzwirtschaft. Und gleichzeitig erhielten auch die Pilze das, was sie eigentlich bräuchten: einen Habitatschutz statt eines Fruchtkörperschutzes.

Wunsch
Nach Abwägung der Interessen aller Seiten sehe ich persönlich eine Freigabe zum Eigengebrauch nach dem Vorbild von Steinpilz und Co. als die richtige Lösung an. Dies wird in der Schweiz nun schon seit längerem so praktiziert und es funktioniert ohne größere Probleme.

Letztendlich aber möchte ich vor allem eines erreichen: eine ergebnisoffene, rationale Diskussion unter Beteiligung der verantwortlichen Instanzen. Denn die derzeitige Lösung, das Thema einfach so gut als möglich totzuschweigen, wird nicht mehr lange Bestand haben können. Denn langsam kommt das Wissen um die deutschen Trüffeln in der Bevölkerung an und das ist auch gut so, denn Wissenszuwachs ist wünschenswert. Allerdings kommt man dann um eine sinnvolle Neuregelung nicht mehr herum.

 

Christian Gold